Der Aufstieg des Lesers
Published by Chris Doering,
Das Internet hat unsere Art, Informationen zu organisieren, stark verändert: statt der begrenzten, festen Formate von Buch, Magazin und Zeitung nehmen sie flüssige, frei fließende Formen an. Eine Zeitung ist vollständig. Sie ist fertig und kann sich ihrer selbst sicher sein. Digitale Nachrichten hingegen werden ständig aktualisiert, bearbeitet, verändert, verschoben, weiterentwickelt. Diese Bewegung ist lebendig und unermüdlich.
Manche glauben, diese Verflüssigung von Information sei nicht wirklich neu, sondern eher eine Rückkehr zu den mündlichen Kulturen früherer Zeiten. So vertritt der dänische Wissenschaftler Thomas Pettitt die These, die gesamten 500 Jahre nach der Erfindung der Druckerpresse – die Jahrhunderte des Textes, des in festen Formaten enthaltenen Wissens – seien nur eine Unterbrechung im üblichen Fluss der menschlichen Kommunikation gewesen. Diese Unterbrechung nennt er die „Gutenberg-Parenthese“. Nun aber versetze uns das Netz in einen Zustand, in dem unser Denken, wie bei den Bauern im Mittelalter, auf Klatsch, Gerüchten und Gesprächen beruhe: „In mancher Hinsicht ist die neue Welt die alte, die Welt vor dem Buchdruck“.
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